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Literaten an Bord

Dass eine Kreuzfahrt für reichlich Lesestoff sorgen kann, versteht sich von selbst. Doch nicht immer, wenn ein Literat an Bord geht, heißt es gleich „Bestseller voraus!“

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Schiff sucht Schreiber!

Die Erfindung der Kreuzfahrt wird der britischen Reederei P&O Cruises zugeschrieben. Um das Interesse am Reisen aus purer Vergnügungslust zu wecken, bediente sich P&O eines raffinierten Schachzugs: Man lud den Journalisten und Schriftsteller William Makepeace Thackeray 1844 zur kostenlosen Mitfahrt ein, damit er an Bord Ideen für ein Kreuzfahrtbuch sammeln konnte. Der andere Teil seines Auftrags: den weiblichen Passagieren gepflegte Unterhaltung bieten. Thackeray unternahm seine Kreuzfahrt allerdings nicht auf einem einzigen Schiff, sondern musste mehrfach umsteigen, um Ziele wie Athen, Jaffa und die ägyptischen Pyramiden zu erreichen. Nicht nur die raue See machte ihm dabei zu schaffen, auch das entschieden „unbritische“ Verhalten mitreisender Pilger ging ihm gegen den Strich – von den fremden Sitten, die er auf seinen Landgängen erdulden musste, ganz zu schweigen. Dementsprechend durchwachsen fiel der Reisebericht aus, der später unter dem Pseudonym Michael Angelo Titmarsh veröffentlicht wurde. Doch immerhin erlaubte das Honorar es Thackeray, in Ruhe seinen Roman „Jahrmarkt der Eitelkeit“ zu schreiben – ein Klassiker bis heute.

An Bord mit dem Vater von Huckleberry Finn

Mark Twain zählte zu  ganz frühen Kreuzfahrern. 1867 ging er als Korrespondent an Bord der Quaker City, erkundete das Mittelmeer – und natürlich auch die Eigenarten seiner Mitpassagiere. Schnell fiel ihm dabei der unter Seefahrtsneulingen verbreitete Hang auf, sich durch eine betont maritime Ausdrucksweise dem Umfeld anzupassen. Twain selbst war übrigens schiffserprobt, er hatte vor seiner Karriere als Autor lange Zeit als Lotse auf dem Mississippi gearbeitet. Auf das, was passierte, als sein Schiff den Hafen von Athen ansteuern wollte, war er dennoch nicht gefasst: Aufgrund der Quarantänevorschriften wurde der ersehnte Landgang nicht gestattet. Die Akropolis bereits fest im Blick, wollte sich Twain Athen nicht entgehen lassen, und verließ zusammen mit ein paar Mitverschwörern nachts heimlich das Schiff … Wie diese Geschichte ausging, kann man in seinem Reisetagebuch „Die Arglosen im Ausland“ erfahren – perfekt als Liegestuhllektüre geeignet.

Schwimmender Literaturzirkel

In Sachen Bordentertainment hat sich seit den Zeiten von Thackeray und Mark Twain einiges getan. Neben schillernden Bühnenshows, Zauberei und Akrobatik gehören auch Lesungen zum Standard. Logisch also, dass sich die Schriftstellerdichte auf See beträchtlich erhöht hat, lassen sich hier doch Reise und Arbeit bestens verbinden. Zu den bekennenden Kreuzfahrern zählt beispielsweise Wladimir Kaminer – nachzulesen in seinem Buch „Die Kreuzfahrer“. Autor und P.E.N.-Mitglied Matthias Politycki, der 2006 als Schiffsschreiber auf dem Luxusliner MS Europa anheuerte, schickt einen bayerischen Finanzbeamten und Lottogewinner „In 180 Tagen um die Welt“. Klar, dass da jede Menge skurriler Betrachtungen inbegriffen sind. Nicht an Bord gehen wollte dagegen der Buchpreisträger Bodo Kirchhoff. Warum das so ist, verrät seine wortreiche Antwort auf eine „Einladung zu einer Kreuzfahrt“. Und wer Freude an Psychothrillern hat, dürfte mit Sebastian Fitzeks „Passagier 23“ auf seine Kosten kommen.

Lieber gucken statt lesen?

Die Seefahrt hat immer wieder Filmemacher zu Höchstform auflaufen lassen. Mal atemberaubend spannend, mal urkomisch und mal herrlich romantisch: Diese sieben Filmhighlights sorgen für eine Einstimmung auf das bunte Geschehen an Bord – oder den stimmungsvollen Ausklang einer Reise.

Meuterei auf der Bounty (1962) – ein Abenteuerklassiker mit dem unvergleichlichen Marlon Brando

Fluch der Karibik (2003) – Humor und Action mit Johnny Depp alias Capt. Jack Sparrow

African Queen (1951) – Romantik und Abenteuer mit Katherine Hepburn und Humphrey Bogart

Mörder ahoi! (1964) – Maritimer Mord nach Agatha Christie mit der herrlichen Margaret Rutherford als Miss Marple

Blondinen bevorzugt (1953) – Komödienklassiker mit Marilyn Monroe und Jane Russell

Die große Liebe meines Lebens (1957) – Romantik mit den Hollywoodlegenden Cary Grant, Deborah Kerr und Richard Denning

Hotel Transsilvanien 3 – ein Monster Urlaub (2018) – Kreuzfahrtspaß für die Kleinsten mit unheimlich sympathischen Monstern

 

Ich liebe das Meer wie meine Seele
Der Buchtipp zum Thema

Eine kleine literarische Schatzkiste für Kreuzfahrer und Landratten: Ich liebe das Meer wie meine Seele von Karsten Eichner nimmt seine Leser mit auf die Reisen großer Literaten vom frühen 19. bis ins beginnende 21. Jahrhundert und damit in die Epoche, in der die Schiffsreise in ihrer heutigen Form entstand. Viele Schriftsteller gingen für Wochen oder Monate an Bord: Sie fuhren in den Orient oder um die ganze Welt, jagten Robben in der Arktis oder seltene Käfer in Asien, erkundeten Fjorde und Weltstädte. Sie trotzten Stürmen, besuchten Sehnsuchtsorte, erfüllten sich Südseeträume oder brachen auf zu neuen Ufern – und verarbeiteten ihre Seereisen literarisch. Gorch Fock und Robert Louis Stevenson, Thomas Mann und Jean Cocteau, Mark Twain oder der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch: Sie zeichneten ihre Erlebnisse spannend, humorvoll und mitunter höchst akribisch auf, und Autor Dr. Karsten Eichner lässt seine Leser daran teilhaben. Der Historiker und Journalist und beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte der Seefahrt. Er hat zahlreiche Bücher und Beiträge (z.B. in mare und an Bord) veröffentlicht und hält Vorträge und Lesungen auf Kreuzfahrtschiffen.

Karsten Eichner:
Ich liebe das Meer wie meine Seele
Berühmte Schriftsteller und ihre Seereisen
(Koehlers im Maximilian-Verlag)

Alle Bilder © shutterstock, außer:
Buchtipp © Koehler Verlag